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Thema: Glaubenskrieg wider die Natur

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  1. #1
    GW-Forum Team Avatar von Albert
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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Aber ich sehe hier ein Grundsatzproblem. Was ist besser für die Biozönose ?
    Arten die sich in einem Lebensraum perfekt anpassen oder Arten die vielleicht für Jahrzehnte oder Jahrhunderte weiter künstlich erhalten werden müssen.
    Die Frage stellt sich immer öfter, je tiefer man in die Materie Gewässerbewirtschaftung einsteigt. Wo machts Sinn sich an einem Idealbild der Gewässer festzuklammern? Was ist ideal? Sind Neozoen grundsätzlich zu bekämpfen oder dürfen wir uns freuen, dass sie ökologische Nischen nutzen wo es die heimischen Arten nicht (mehr) können?
    Entschuldigung, wenn ich zitiere und event. was aus dem Zusammenhang reiße.
    Aber diese 2 Fragen sind die Kernfragen generell, wenn man sich zu Naturschutz, Artenvielfalt, Gewässerrenaturierung, Zusammenstellung der Fischzönose und weiteren wie Biotop am Ufer, Phyten unter und über Wasser, Amphibienschutz, Odonatenbesiedelung, Fischnährtierchen, Insektenaufkommen, Wassergeflügel.................................... ..... so seine Gedanken macht.

    Bei künstlichen Auskiesungsseen steht der Nutzer vor der Frage welcher Typ See soll denn entwickelt werden. Nur, die Auskiesungsgewässer sind schon der Kindheit entwachsen und die Bewirtschaftung weit fortgeschritten.
    Dem Aquarianer ernsthafter Natur gehts nicht anders. Habitat vor dem geistigen Auge, Imitat geschaffen. Barbenbecken, Diskusaquarium usw. passen sich dem Lebensraum optisch gut an.
    Nachwuchs gibt es auch. Also viel richtig gemacht. Ob Amazonas- Schwertpflanzen oder Wasserkelche aus dem Asiatischen Dschungelgewässern ist da nicht so wichtig.

    So auch im künstlichen Auskiesungssee. Ohne Zutun des Menschen würden 2-3 Fischarten durch Wasservögel eingeschleppt werden. Armleuchteralgen und 1-3 weitere Wasserpflanzen ebenfalls.
    Bei Bewirtschaftung sieht es ganz anders aus. Ufergestaltung, Wasserpflanzenansiedlung, Baumbepflanzung, Besatz.
    Aber siehe da, Amphibien, Insekten siedeln sich an. Irgendwie verzahnt sich was so nicht zusammengehört. Welche Vorgänge unter Wasser sich da abspielen wird nie beobachtet, keiner weiß es.
    Der Aquarianer ist da voll im Vorteil, kann beobachten, analysieren, mit Kescher eingreifen. Der GW kann kaum noch was tun. Biozönose bleibt ein Imitat.

    Im natürlichen Flussystem geht es etwas anders zu.
    Man pachtet das Fischereirecht eines Teilstückes, nie den ganzen Fluss oder Bach. Fischarten ohne unser Zutun rücken vor wie Grundeln, Blaubandbärbling. Andere werden besetzt wie Hecht, Nase, RF , Saibling, Äsche usw.
    Nun hat jeder seine Sicht der Dinge. Ich natürlich auch. Sind unsere Flüsse nicht noch immer gefesselt und werden es bleiben? Und die geklärten Abwässer muss er zusätzlich aufnehmen.
    Na klar, wehe der Fluss verlässt sein Bett und Überschwemmungen bedrohen die Häuser in der Aue. Da wird der Damm erhöht und die Ufer mit Spundwänden befestigt.

    Ja Aber Hallo! Hat sich in den letzten 20 Jahren nicht unvorstellbar viel getan.
    Wie viele Wehre wurden schon zurück gebaut? Um wieviel hat sich die Wasserqualität verbessert. Was wird noch erreicht? Wie wirkt sich die WRRL in 15 Jahren aus.
    Ich hatte schon mal geschrieben, das mein Leitsatz seit Jahren ist "Frage nicht wie der Fluss Dir nutzt, Frage was Du für den Fluss tun kannst."

    Robinienmonokultur im Auwald, Springkrautmono am Ufer, Karpfen- und Hechtbesatz unterhalb, Saiblinge, RF oberhalb, Wasserkraft, Fäkalieneinleitungen, Begradigung, Eindeichung. Ich höre den Fluss schreien.
    Den Ursprung wieder herzustellen geht in unserer Kulturlandschaft mit der Mehrfachnutzung der Flüsse wirklich nicht mehr. Aber mitzuwirken, ein Stückchen Biodiversität herzustellen sollte das Ziel sein.
    Das Ziel sehe ich noch lange nicht, scheiß langer Weg.
    Gruß
    Albert

  2. #2
    GW-Forum Team Avatar von Steini (verstorben am 06.09.2019)
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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Ja Albert, man kennt die Richtung, in die man gehen will. Es ist aber ein langer holpriger Weg von dem man nicht weiß wo er wirklich endet.
    Unterwegs trifft man viel neue Weggefährten, andere verlassen ihn wieder.

    Keiner kann heute sagen wie die Natur sich langfristig weiter entwickeln wird. Eiszeiten, Warmzeiten alles ist möglich. Wäre aber schade, wenn einige Erfindungen der Natur verloren gingen. Ich denke z.B an Aal, Lachs, Stör und vieles mehr. Das aber sind nur die großen die wir wahrnehmen. Selbst kurzfristig ist es nicht nur eine Schande sondern auch Wahnsinn solche natürlichen Patente zu vernichten.
    Wer weiß was (Eure Kinder ) später benötigen.
    Nach dieser Zeit des Überflusses.

    Hatte mal meinem Vater spaßig vorgeworfen, dass die Nachkriegsgeneration, rücksichtslos nur Wohlstand im Kopf hatte. (Bei der Rente wird es genauso). Vergaßen alles was früher über Natur bekannt war und wir müssen es ausbaden.

    Hat Ihn schwer getroffen. Nachdenklich sagte er mir: Ja, das stimmt und es ist mir heute sehr peinlich daran beteiligt zu sein.

    Ich bin aber sicher, wir sind heute nicht viel besser.
    Hatte gestern ein Gespräch mit so einem technikgläubigen Ingenieur (Angler).
    Wasserkraft, Wind und Sonne bald schaffen wir 100% der Stromversorgung, er machte mir echt Angst.

    Steini
    Geändert von Steini (verstorben am 06.09.2019) (19.09.11 um 23:18 Uhr)
    Gruß Steini

  3. #3
    GW-Forum Team Avatar von Albert
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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Hatte mal meinem Vater spaßig vorgeworfen, daß die Nachkriegsgeneration, rücksichtslos nur Wohlstand im Kopf hatte. (Bei der Rente wird es genauso.)
    Vergaßen alles was früher über Natur bekannt war und wir müssen es ausbaden.
    Ich bin aber sicher, wir sind heute nicht viel besser.
    Habe gerade den Grünen Punkt in die gelbe Tonne entsorgt.
    Denke gerade an die Müllstrudel im Pazifik und Atlantik. Und an 12 bis 14 Mill. chemischen Verbindungen der Neuzeit.
    An die Globalisierung mit dem unbewussten oder bewussten Mittransport vieler Tierchen und Pflanzen.
    Also viel besser sind wir nicht.
    Gruß
    Albert

  4. #4

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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Also besser als unser Altvorderen sind wir wohl nicht. Auch damals (als alles besser war) haben die meisten sicher nach bestem Wisssen und Möglichkeiten gehandelt. Alte Maßnahmen nach heutigem Wissen und Zeitgeist zu beurteilen währe unfair.

    Aber die Frage, Glaubenskrieg wieder die Natur, verstehe ich So, ob wir nicht manchmal unsere Dogmen überdenken sollten. Ich hab da einige Punkte die mir lange völlig klar waren und die immer kniffliger werden je länger ich darüber nachdenke.

    Nur als Beispiel:
    Dogma I, bei uns Huchen:
    natürlich retten wir den Fisch seit Jahrzehnten vor dem Aussterben, mit riesigem Aufwand. Wir halten andere Räuber kurz (Hecht und Waller) und besetzen seit Jahrzehnten für Unsummen. Da sind wir auch entsprechend Stolz drauf. Zurecht? Ist es ökologisch Sinnvoll eine Art zu fördern die ohne Hilfe kaum mehr eine Chance hat?

    Die alternative währe es, das Geld für die Huchensetzerei in Gewässerstrukturierungen zu investieren und die Arten, die sich natürlich fortpflanzen damit zu fördern. In Punkto Biodiversität währs wohl das einzig richtige.

    Beispiele in der Art gibts zuhauf
    Ich nehme an beim Einen oder Anderen von euch ist das Pendant vieleicht der Lachs oder die Meerforelle oder irgend was anderes. Auch das Thema durchgängigkeit ist so ein Ding.


    Ich hab diesen Tread für mich schon zum Anlass genommen das eine oder ander Dogma zu überdenken. Danke für den Denkanstoss.

    Petri
    Toni

  5. #5

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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Ich denke über die Huchengeschichte auch nach, so als Beispiel.
    Für mich muss ich aber erstmal klären warum sind sie nicht überlebensfähig. Nur durch uns Menschen? Dann wäre ich für den Erhalt.
    Wenn die Natur allerdings der Grund ist, tja... wär schade drum, ist dann aber so.
    Eine Idee ist nur dann gut wenn sie sich auch an frischer Luft als haltbar erweist.

  6. #6
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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Ich fürchte mich nicht davor meine Konflikte offen zu äußern.
    Ich fand es schon extrem spannend die Seiten zu wechseln.
    Als Gewässerwart sieht die Welt plötzlich ganz anders aus.

    Aber ich habe gerade vorgestern wieder den neuen Vorstoß in der Fisch&Fang gelesen zum Thema selektive Entnahme. Ja endlich mal was dazu gelernt die Printmedien und dem Kind einen verträglicheren Namen gegeben.

    Interessante Argumentation, aber leider wird es wieder eine harte Endlosdiskussion geben. Schön war der Hieb auf die Gesetzeslage in Bezug auf die sinnvolle Verwertung. Aufhänger waren übrigens die Kapitalen, besonders die großen alten Barsche.......ihr wißt ja wovon wir da reden......

  7. #7
    GW-Forum Team Avatar von Steini (verstorben am 06.09.2019)
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    AW: Glaubenskrieg wider die Natur

    Mal zwei Bespiele, wie erfolgreich der Kampf gegen Neue Arten in Deutschland sein kann.
    Waschbär und Bisam !
    Beide als Pelztier eingeführt und seit Jahrzehnten werden Sie bekämpft.
    Da ist viel Geld geflossen, aber anstatt einmal richtig aufzuräumen, wurde und wird halbherzig gearbeitet.
    Der Bisam ließe sich sicherlich auch hier in Deutschland ausrotten, dann aber blieben weitere Gebiete in Europa als Rückzugsraum von wo er neu zu uns kommen würde.
    Die bleiben nun für immer.
    Die Bekämpfung hat nur noch das Ziel den Schaden erträglich zu halten.
    Ich meine den Schaden im Wasserbau, die Natur wird sich umstellen oder umgestellt haben.

    Bekämpfung ist immer nur am Anfang möglich, am besten den Handel einschränken.
    Recht lustig zeigt mir jeder Gartengroßhandel wie ernst es Deutschland bei diesem Thema ist.
    Freisetzen fremder Arten im Garten, ist doch wohl normal, ist das aber nicht auch Natur ?

    Klar, rechtlich wohl nicht.
    Da wird dann die Wertigkeit angezeigt.

    Schauen wir zum Stör, der soll wieder besiedelt werden.
    Leider sind Besatzfische aber nicht zu erwerben, weil sie noch nicht im Handel sind.
    Es ist zur Zeit wohl auch noch nicht möglich, daß Sie später ablaichen.
    Aber wenn sie Jetzt besetzt würden , wären sie wenn es möglich ist auch alt genug, dieses zu tun.
    Es gibt sicher einige die den Stör als Flußbesatz erwerben würden, auch wenn sie hier von zu nächst nichts hätten, aber es gibt halt keine.
    Wenn so ein Markt entstehen würde, würde auch der Preis sinken, das würde wieder die Biologen entlasten.
    Wichtig ist doch zur Zeit ersteinmal, daß es Störe wieder im Meer geben würde.
    Dann könnte man sich weitere Gedanken machen.
    Ein Perfektes Gewässer zu suchen ist OK, aber zweitrangig.
    Wichtig ist zu nächst ein Laichfischbestand und das die Art nicht verloren geht.

    Wenn die Biologen weiter warten, wird sicher ein anderer Stör in den Flüssen schwimmen.
    Die Uhr tickt und nicht alle sind Wanderfische.
    Störe aus Besatz, Gartenteichen aber auch der Kaviarherstellung, sind sicher genug in die Flüsse gekommen und werden auch weiter hineingelangen.

    Dank nach Berlin,
    dort haben Biologen die Möglichkeit für die Wiederbesiedlung geschaffen: Laichfische !

    Steini
    Geändert von Steini (verstorben am 06.09.2019) (22.09.11 um 14:11 Uhr)
    Gruß Steini

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