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Thema: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

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  1. #1
    GW-Forum Team Avatar von Thorsten
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    Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    Ich wurde von einem Vereinsmitglied gefragt, warum man in unserem See keine kleinen Brassen mehr fängt oder sieht, ich verstehe darunter Fische unter 40cm. Bis vor ca. 10 Jahren gab es wohl häufig Jungbrassen und alle Größen der Alterspyramide, was inzwischen nicht mehr der Fall ist. Es wurden 2002 einmalig Brassen besetzt, da wohl damals schon das Phänomen beobachtet wurde, und man entgegensteuern wollte.
    Es gibt ausreichend Großbrassen von 40cm aufwärts. Ich konnte sie auch beobachten, wie sie mit Laichausschlag am Ufer nach Laichplätzen gesucht haben. An der Individuenzahl dürfte es nicht liegen.

    Zum Gewässer: eutropher Hecht Schleien See mit teilweise dicker Faulschlammschicht, Tiefe bis max. 4m im Schnitt ca 2,5m. Fast vollständig mit Wasserpflanzen bewachsen (v.a. wohl Chara fragilis), es gibt an seichten Randstellen auch kiesige Bereiche.

    Durch die hohe Pflanzendichte teilweise starke O² Übersättigung (bis 160%) am Tag, das Gegenteil in der Nacht und am Grund.
    Ph während der Laichzeit der Brassen von 7-8,3 im Jahresverlauf auch bis 9,1-9,2.
    (Falls weitere Werte wichtig sind kann ich die nachreichen.)

    Vermutlich starke Konkurrenz zum Karpfen, der einen Überbestand bildet.

    Ich vermute eine Mischung aus den Wasserwerten und dem Konkurrenzdruck, wüsste es aber falls möglich gerne genauer, um eine fundierte Antwort geben zu können. Internetrecherche gab bisher nichts her, meine Literaturquellen auch nicht.

    Also entweder Laichen sie nicht ab, der Laich kommt nicht auf, oder die Jungfische überleben die Winter nicht mehr, was ich aber für am wenigsten Wahrscheinlich halte auf den langen Zeitraum bezogen. Irgendwelche Parameter müssen sich in dieser Zeit verschoben haben, Wasserwerte aus der Zeit habe ich kaum, wenn dann sind sie mit den aktuellen vergleichbar. Das einzige was auffällt ist der hohe und regelmäßige Karpfenbesatz (war Pflicht) in dem relevanten Zeitraum und davor.

  2. #2

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    AW: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    Joa, das kann sein, aber wenn der Konkurenzdruck zu hoch wäre, würden bei große Brassen aber auch an einem Messerrücken zu erkennen sein. Ist das so?

    Ich vermute eher, das junge Brassen eine andere Nahrung bevorzugen, die zu gering vorhanden ist.

    Ein Beispiel ist ja, dass sich in unseren Breiten Karpfen oft nicht selbstständig in Baggerseen vermehren können, sie laichen zwar, aber es fehlt für die Brütlinge die Masse an Rädertierchen als Nahrung.

    Wenn der See so eutroph ist und so viel Faulschlamm vorhanden ist, gehe ich mal davon aus, das der See auch schon in einem hohen Alter ist. Es ist im Grunde ein natürlicher Prozess, dass Seen irgendwann verlanden, bzw. dadurch auch keinen nennenswerten Ertrag mehr bieten können.
    Wenn also kein Ausbaggern in Frage kommt, wird man sich damit abfinden müssen, dass das Gewässer wohl bald nicht mehr zur Fischerei taugt. Kommt man zu dem Schluss, nützt auch kein Besatz mehr.

    Wie sieht es denn mit anderen Cypriniden aus?

    Grüße
    Hagen
    Geändert von Der Siedler (11.01.11 um 15:54 Uhr)

  3. #3
    GW-Forum Team Avatar von Thomas
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    AW: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    So, jetzt entstehen gerade interessante Diskussionen.

    Der Hinweis von Hagen auf den Messerrücken von adulten Brassen ist überlegenswert. Müsste er wirklich ausgeprägt sein?

    Nicht, wenn sich die Nahrung von juvenilen und adulten deutlich unterscheidet, davon sollten wir ausgehen, denke ich.

    Für Brassen, aber auch andere juvenile Cypriniden , dürfte erstmal ausreichend Zooplankton (Copepoden, Daphnien etc.) wichtig sein.
    Größere Brassen weiten dann ihr Nahrungsspektrum auch auf andere Wirbellose aus. Die werden sie in den Schlammschichten eines eutrophen Sees sicher reichlich finden.

    Wie sieht es in dem See denn mit den Populationen und evtl. der Artzusammensetzung von Phytoplankton und Zooplankton aus?
    Gibt es dazu Daten? Ereignen sich sommerliche Blaualgen-Maxima oder gar -blüten im See?
    Geändert von Thomas (11.01.11 um 16:28 Uhr)
    ~~~

    Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.
    (Aphorismus von G.C. Lichtenberg)


    Gruß Thomas

  4. #4
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    AW: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    Die Brassen sind gut genährt,

    von einem Messerrücken hatte ich bisher noch nie gehört, aber ich vermute, dass du einen quasi messerdünnen Rücken meinst, also Unterernährung?

    Thomas,

    Daten über Zooplankton und Phytoplankton habe ich meines Wissens keine im Ordner. Es gibt eine Pflanzenbonitierung von vor 20 Jahren, und ich meine eine Messung der Chlorophyll Werte. Die waren aus dem Gedächtnis so, dass eine gute Ertragsfähigkeit attestiert wurde (auch 20 Jahre her)

    Irgendwo habe ich mal gelesen, dass besonders in dichten Pflanzenbeständen ein hoher Zooplanktonanteil zu erwarten ist. Da wir ca 300 T Pflanzenmasse im Sommer auf 5,5ha haben, gehe ich von viel Zooplankton aus. (Werde dazu wenn möglich aber dieses Jahr mal genauere Untersuchungen machen)

    Im Sommer haben wir v.a. Fadenalgen, die bis 1 ha der Seefläche bedecken. Dazu eine Art von Blaualgen, aber nicht so, wie man es von giftgrünem Wasser her kennt.

    Der See ist immer klar, bis 2,5m Sichttiefe, selbst wenn während Frühjahr und Herbst, wenn die Produktion des Phytoplankton das Maxima aufweist, trübt er sich nur leicht. Vmtl ist der größte Teil der Nährstoffe in den Pflanzen gebunden?

    Thomas,
    denkst du, dass ein zu hoher pH Wert, oder etwas anderes die Hüllen der Eier angreifen könnte? Dazu müssten die Brasseneier natürlich empfindlicher sein, was ich für unwahrscheinlich halte.

    die anderen Fischarten reproduzieren sich recht gut (bei der Rotfeder habe ich Bedenken, aber das ist ein anderes Thema)

    Nochmal auf die Nahrungsidee von Hagen zurück. Ich würde davon ausgehen, dass Jungbrassen am Anfang in etwa dieselbe Nahrung konsumieren, wie Rotaugen und Rotfedern, wenn sie jung sind.

  5. #5
    GW-Forum Team Avatar von Thomas
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    AW: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    Hallo Thorsten,

    ich denke an etwas ganz anderes.

    Innerhalb der letzten 10 Jahre hat der Nährstoffgehalt des Sees zugenommen, die sedimentierte Schlammschicht hat zugenommen.

    Es haben sich Verschiebungen im Artenspektrum der Algen ergeben: Fadenalgen sind mehrzellige Verbände, Blaualgen treten auch gerne in Zellkolonien auf.

    Problem dabei: das können Zooplankter nicht mehr einstrudeln.
    Folge: die Zooplankter-Populationen brechen genau in dem Augenblick zusammen, in dem sie dringend für die juvenilen Brassen als Nahrung benötigt werden.

    Andere (juvenile) Cypriniden bevorzugen evtl. andere Zooplankter-Arten oder können auf andere Nahrung ausweichen, Brassen nicht.

    Soweit die These, die grundlegenden Vorgänge dazu würdest Du auch in meinem Kompendium zu stehenden Gewässern finden:
    http://www.gw-forum.de/showthread.ph...nde-Gew%E4sser

    Wir müssten für diese These aber zusätzlich annehmen, dass juvenile Brassen unter solchen Bedingungen einen Konkurrenznachteil gegenüber anderen Arten haben.

    Hagen fragte schon: wie sieht es mit den anderen Cypriniden aus? Rotaugen, Güstern ... ?
    ~~~

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    Gruß Thomas

  6. #6
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    AW: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    Rotaugen reproduzieren sich regulär, Güstern gibt es nicht. (kann sein, dass es sie früher gab, ist vmtl. sogar wahrscheinlich, Früher gab es auch Karauschen/Giebel, die sind auch verschwunden)

    Ich habe immer noch die Karpfen im Auge, da wurden wirklich Unmengen besetzt, ohne nennenswerte Entnahme. Ich hatte das mal von 1983 bis heute bei natürlicher Mortalität und unter Abzug der gefangenen Karpfen berechnet. Gäbe es kein biologisches Limit, müssten noch ca 3000 Karpfen im See sein. Du verstehst, was ich meine?

  7. #7

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    AW: Jungfischprobleme bei Brassen im Hecht Schleien See

    Nun, ich denke wir kommen hier nicht wirklich auf die Lösung, Ansätze können alles sein was wir so erreichen.
    Fassen wir mal kurz zusammen,
    a) Nahrungsaufkommen für große Brassen ist ausreichend
    b) andere Cypriniden entwickeln sich anständig in der Alterspyramide
    c) Pflanzen ohne Ende

    Gehen wir mal davon aus, das Barsche nicht die Ursache sein können, das würde an anderen Fischen auffallen, kommt mir noch die Ideel, dass die Pflanzen sich gerade im Sommer in der Nacht zuviel Sauerstoff nehmen. Kommt Wind auf den See? Bei planzlichen Algen sehe ich da ein Problem, die können eine große Menge an Sauerstoff nachts entnehmen. Blaualgenkolonien sind imho nach eine bakterielle Erscheinung, die, wenn sie absterben, ebenfalls zu einem Sauerstoffentzug durch microbiologischer Zersetzung führen. Ich könnte mir jetzt vorstellen, dass Brut sich in den Fadenalgen recht wohlfühlt und damit auch zu einer Art Gefängnis wird, die den allergrößten Teil über Nacht erstickt.

    Rotfedern, können allerdings recht gut mit sehr wenig Sauerstoff (ähnl. der Karausche) auskommen und ernähren sich größten Teils von Pflanzen.
    Große Brassen sind kräftiger und können zur Not an die Wasseroberfläche kommen.

    Ich könnte mir das jetzt zwar so erklären, allerdings gibt es z.B. unter Schleien das Phenomen, dass sie sich in einigen Seen vermehren und in anderen nicht. Dafür gibt es noch keine wissenschaftliche Erkärung, so meine Quellen.

    Tja und sonst fällt mir nicht mehr viel ein.

    Grüße

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