Ich stelle mir als Gewässerwart schon länger immer wieder dieselbe Frage:
Bringt Fischbesatz wirklich mehr Fische übers Jahr gesehen?
Persönlich möchte ich nur den natürlichen Ertrag eines Gewässers abschöpfen, da ich das für den sinnvollsten und nachhaltigsten Weg im Umgang mit unseren Gewässern erachte. Diesen Grundtenor bekommen ich auch aus den meisten Untersuchungen und Studien, die ich zu diesem Thema gelesen habe.
Die Meinung mancher Mitglieder, nach viel Fisch, Fangerfolg, Spaß hat aber zumindest aus Vereins - und Mitgliedersicht durchaus auch eine Rechtfertigung.

Viele Studien und Besatzbroschüren legen nahe, dass Besatz in der Regel eher keinen Erfolg verspricht, insbesondere wenn sich die Art selbst reproduzieren kann. Damit gehe ich auch dakor. In der Realität geben jedes Jahr viele Vereine viel Geld aus für den Besatz, aber wird auch der Nutzen nüchtern analysiert, was kommt netto heraus?

Klar bringt Fischbesatz etwas, wenn sich die Arten nicht selbst im Gewässer fortpflanzen können, und Nahrung ungenutzt bleibt. Aber wie sieht es aus, wenn die Arten sich regulär fortpflanzen? Wird der Ertrag des Gewässers wirklich gesteigert, kommen also Netto mehr Kilogramm pro Jahr heraus als vorher, oder bleibt die Biomasse mittelfristig gleich, oder sinkt sie vielleicht sogar durch den Besatz, da die Nahrungsgrundlage der Fische überfordert wird?

Kann man in diesen Mechanismus wirklich eingreifen, oder macht man sich und den Mitgliedern damit eher etwas vor? Meine bisherigen Auswertungen aus meinem Verein scheinen eher letzteres zu stützen.

Ich möchte das Thema Fischbesatz hier ganz nüchtern analysieren. Also die persönlichen Vorlieben (nicht die Meinungen und Thesen) weitestgehend ausklammern, und bestenfalls nur anhand belastbaren Materials meine Frage thematisieren.

Jetzt mein persönlicher gedanklicher Ansatz dazu:

Ich gehe bei dieser Frage zunächst mal davon aus, dass nur die Naturnahrung im Gewässer genutzt wird, kein zusätzliches Futter eingebracht, und die Fische nicht wieder entnommen werden, sich also in die Nahrungskette einfügen müssen.

Moralische und gesetzliche Betrachtungen würde ich für die Diskussion ausklammern. Nicht weil sie mir nicht wichtig sind, im Gegenteil, sondern weil es mir in diesem Thema rein um die Nutzenbetrachtung geht. Die Entnahme durch uns oder den Kormoran klammere ich zunächst ebenfalls aus.

Den weiteren Rahmen möchte ich offen lassen, und hoffe auf eine angeregte Diskussion.
Also, wenn wir die Menge X einsetzen, ist dann nach einem Jahr noch diese Menge X zusätzlich vorhanden, oder gar X plus ein Zuwachs? Wenn jemand dazu fundierte Quellen hat, dann immer her damit.

Meine These:

Die Naturnahrung wird bei nicht vorhandenen Eingriffen in das Gewässer vollkommen genutzt. Bei zusätzlichem Besatz muss damit eine Konkurrenzsituation entstehen, die entweder dazu führt, dass der durchschnittliche Korpulenzfaktor der Fische sinkt, oder der besser konditionierte Fisch sich gegenüber dem schlechter konditionierten durchsetzen wird. Die Nettobiomasse würde dann aus meiner Sicht gleich bleiben, oder sogar sinken, wenn sich z.B. das Zooplankton nicht mehr schnell genug reproduzieren kann.

(Das Vermehrungs- und Nachwuchsverhalten des Zooplankton wäre auch mal ein sehr interessantes Thema für unser Forum, also wer sich damit auskennt, bitte loslegen)
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