Hallo Herr David,
durch unsere mittlerweile mehrjährigen Aalforschungen haben wir einen ganz guten Überblick über die einschlägige Aalliteratur. Weder aus der aktuellen noch aus der älteren Literatur sind uns Publikationen oder Berichte über die von ihnen geschilderten Veränderungen der Schwanzflosse bekannt. Selbst Forschergruppen, die sich intensiv mit der Blankwerdung und Vermehrung von Aalen beschäftigen, haben über solche Veränderungen bislang nicht berichtet. Daher gehen wir erstmal
nicht davon aus, dass es sich dabei um Veränderungen im Zuge der Metamorphose zum Blankaal handelt.
Weitere Erklärungsansätze für die beobachteten Schwanzveränderungen könnten auch länger zurückliegende
Schwanzverletzungen durch ungünstige Haltungsbedingungen (bei Besatzaalen), durch Raubtiere oder Wasserkraftturbinen
oder Schwanznekrosen infolge von Krankheiten und/oder Verletzungen sein. Zumal es offensichtlich auch nur einige Tiere betrifft. Vielleicht können Sie uns ja mal ein entsprechendes Tier bzw. Schwanzstück zukommen lassen, damit wir es genauer untersuchen können ?
Der Frage, ob es sich nicht doch um ein (spätes) Merkmal fortgeschrittener Blankaalwerdung handelt, könnte man sich vielleicht auf folgendem Weg nähern:
· Zum einen wäre es interessant zu wissen, wie viele Tiere einer Grundgesamtheit (z.B. eines Gewässers) es überhaupt betrifft. Dazu wäre es erforderlich, zukünftig bei allen gefangenen Aalen zu dokumentieren, ob sie eine solche Schwanzveränderungen aufweisen.
· Zum anderen müssten nach dieser Hypothese Aale im fortgeschrittenen Blankaalstadium häufiger eine solche Schwanzveränderung aufweisen als Gelbaale (Fressaale) oder Aale am Beginn der Blankwerdung. Die beigefügte Literatur beschreibt (in Englisch) die Blankaalstadien von männlichen und weiblichen Aalen sowie die Merkmale zu ihrer Unterscheidung. Um das jeweilige Blankaalstadium nach Durif et al. (2009) berechnen zu können, muss man die Körperlänge (Totallänge) sowie die Brustflossenlänge und den Augendurchmesser des Tieres (am besten mittels Schieblehre) messen und das Geschlecht bestimmen. Als grobe Faustformel für die (externe) Geschlechtsbestimmung mag gelten, dass es sich bei Aalen > 55 cm mit hoher Wahrscheinlichkeit um Weibchen und bei Aalen < 45 cm um Männchen handelt. In der beigefügten Literatur ist in Bildern dargestellt, wie die genannten Merkmale zu messen sind. Wenn man nun aus (möglichst einem Gewässer) für 2 Gruppen (mit bzw. ohne Schwanzveränderung) a 20-40 Tiere das Blankaalstadium bestimmt, kann ein statistischer Vergleich der beiden Gruppen zeigen, ob die Gruppe der Aale mit Schwanzveränderung ein durchschnittlich höheres Blankaalstadium aufweist als die Gruppe der „normalen“ Aale, was dann ihre Hypothese stützen würde.
Mit besten Grüßen
Erik Fladung
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Erik Fladung
Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow