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Thema: Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

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  1. #1
    GW-Forum Team Avatar von Steini (verstorben am 06.09.2019)
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    Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

    Wir haben in Deutschland eine Anzahl ökologischer Nischen, die heute unbesetzt sind, da der Besitzer aus div. Gründen verschwunden ist.
    Rein logisch wäre es, sich nach Ersatz umzuschauen, dann aber gäbe es oft kein zurück für den alten Besitzer.

    Oder soll man versuchen, dem alten Besitzer diese Lücke zu erhalten, mit dem Risiko es nicht steuern zu können, wer sich dann diese Lücke zu eigen macht?
    Vor allem aber bleibt die Lücke so lange unbesetzt und es fehlt der Lebensgemeinschaft ein Glied, dieses Fehlen kann dann weitere Veränderungen nach sich ziehen.

    Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich nun um Arten, Unterarten oder Rassen und Stämme handelt, der Gedankengang ist ein ähnlicher,
    lediglich die Auswirkungen bleiben dann sicher geringer.

    Es gibt viele Beispiele.
    Die Weser war so versalzen, dass fast keine heimischen Futtertierarten mehr zu finden waren, im Brackwasser fand man Ersatz, den Tigerflohkrebs.
    Beim Stör, fürchtet man die Fremdarten, kann aber keinen Besatz heimischer Störe zur Verfügung stellen.
    Aber auch die Flusskrebse sind ein gutes Beispiel.
    Macht es Sinn, auf Krebse zu verzichten, nur um dem Edelkrebs die Rückkehr zu erleichtern, wenn er sich vielleicht mal an die Krebspest anpasst ?
    Oder sind das Betrachtungen von Träumern, die auf Wunder hoffen.

    Ich denke, es ist eine Grundsatzfrage,
    die jeder mit sich selbst ausmachen sollte, dummerweise ist aber die Handlung nur sinnvoll, wenn alle gemeinsam in einer Richtung arbeiten.


    Ihr seid dran.
    Gruß Steini

  2. #2
    GW-Forum Team Avatar von Mattes
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    AW: Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

    Dein Gedanke ist mir zu kurzfristig gedacht.

    Es gibt aus meiner Sicht keine unbesetzten Nischen. Das Besetzen dauert halt nur ein wenig. Meist so lang, dass ein Menschenleben nicht ausreicht es beobachten zu dürfen. Gibt man der Sache die Zeit sich selber zu entwickeln, wird der Wandel kommen. Die Natur macht ja keine Pausen. Es ist des Menschens Wunsch die Lücke schließen zu wollen. Möglicherweise gibt es diese Nische aber auch gar nicht und wir sehen dies nur nicht.

    Betrachte den Wilmes. Augenscheinlich fehlen uns dort Weißfisch und Hecht. In unseren Augen ein Fehler. Schleie und Barsch auf sich gestellt führt dort vermutlich zur Verbuttung des Barsches. Auch dies wird von uns versucht zu verhindern. Wir wollen ein weiteres Mal lenken.

    Was aber, wenn die Natur genau auf diese Situation gewartet hat und sich nun über Jahrhunderte dort eine neue Art entwickeln würde. Eine Art die nirgends anders entstehen konnte, weil der Hecht sie hinderte oder der zu große Barsch.

    Sehen, staunen, abwarten. Wenn unser Leben nicht so verdammt kurz wäre, würde es uns vielleicht leichter fallen.

    Fazit: Finger weg von meiner Lücke!
    Gruß vom Mattes

    Zuhause ist da, wo das Land platt ist, Kühe und Pappeln rumstehn, der Nebel wabbert und Diebels getrunken wird.


  3. #3

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    AW: Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

    Das ist aber schon ein interessanter Gedanke den Steini da aufwirft.

    Ich habe da bisher so noch nicht drüber nachgedacht. Ohne jetzt recherchiert zu haben, stellt sich bei mir erstmal die Frage, ob der Begriff "ökologische Nische" wirklich klar definiert ist?

    Was ich auch für beachtenswert halte:

    Warum ist eine ökologische Nische unbesetzt? Hat es natürliche Gründe oder ist es menschenverursacht?

    Von welcher Dauer ist die Veränderung, die dazu geführt hat?

    Lässt sich die Veränderung generell rückgängig machen? Mit welchem Aufwand?

    Werden offene ökologische Nischen 1:1 durch den/die Neuling(e) besetzt oder werden diese nicht ausreichend oder übermässig ausgefüllt?

    Können ökologische Nischen nicht auch durch vorhandene (heimische) Arten besetzt werden, die sich opportunistisch verhalten?

    Wie nah steht ein der Neuling in seiner Biologie entsprechenden heimischen Arten oder der Art, die vorher die Nische füllte?

    Auf welcher Ebene betrachtet man ökologische Nischen - Gewässer, Einzugsgebiet, etc..?

    Die Krebse sind in der Tat ein gutes Beispiel. Ein Grund für die amerikanischen Krebse in Europa ist ja die Nische, die durch die Krebspest enstanden ist. Dabei ging es zwar nicht um das Auffüllen der Nische im ökologischen Sinne, sondern um das Schließen der wirtschaftlichen Lücke. Doch scheint es, bei zumindest bestimmten Krebsarten, abhängig vom individuellen Gewässer, einen anderen (auch negativen) Einfluss auf die Lebensgemeinschaften zu kommen, den die heimische Art nicht hatte.

    Pauschal ausgedrückt kann ich es mir nicht vorstellen, das eine neue Art, sich so einfügt, das es nicht zu Verschiebungen im Artengefüge kommt. Die Frage ist, wie stark diese Verschiebungen sind. Generell denke ich, ist der Gedanke den Steini aufwirft, differenziert zu betrachten.

    Und umso mehr ich darüber nachdenke merke ich : schwieriges Thema

  4. #4
    GW-Forum Team
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    Avatar von Steini (verstorben am 06.09.2019)
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    AW: Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

    Tatsächlich habe ich besonders an die Krebse gedacht.

    Die heimischen Krebse waren ja nicht selten, nein sie kamen in großer Zahl vor.
    Für die Fischerei, aber vor allem als ein Teil des Systems des Nahrungskreislaufes in den Gewässern sicher von hervorzuhebender Bedeutung.
    Krebse säubern die Gewässer von Aas, nutzen aber auch Wasserpflanzen und vieles mehr.
    Das tun zwar auch viele weitere Tiere aber die bleiben halt deutlich kleiner was die Nahrungsketten verlängert.

    Ich denke Fremdkrebse wurden aus zweierlei Gründen eingeführt.
    1. Die Fremdarten konnten auch noch Gewässer nutzen die für den Edelkrebs durch Gewässerverschmutzung verlohren waren.
    2. Weil man meinte etwas Abwechslung könne nicht schaden und einfache Neugier.

    Bei Punkt 1. ist es ja auch gut nach zu vollziehen. (Das ist dann der Fall wie Mattes es eben beschrieben hat,man wollte etwas verbessern)
    Was aber keiner wusste, die Amis trugen den Krebspesterreger in sich.
    Mit diesem Pilz hatten die Edelkrebse noch nie Kontakt gehabt, es gab also keine Zeit für die Krebse sich anzupassen.
    Innerhalb weniger Jahre, starben fast alle Edelkrebse Europas.
    Lediglich kleine Inselartige Bestände überlebten, die auch heute jederzeit infiziert werden können.

    In weiten Teilen Europas fehlten nun die Krebse.
    Stück für Stück erarbeiten sich nun die Eingeführten Krebse diese unbesetzten Gewässer und füllen die Nische die eigendlich der Edelkrebs besaß.
    In weiten Teilen Deutschlands ist der Kamberkrebs nun vorhanden in anderen Teilen der Signalkrebs und an der Grenze dieser Bereiche tobt der Kampf wer nun Deutschland bekommt.
    Dazwischen immer noch die Edelkrebse in geringer Zahl, aber auch Gewässer in denen überhaupt keine Krebse vorkommen.

    Für den Edelkrebs sehe ich zwei Hoffnungen: Entweder er lehrnt mit dem Pilz klarzukommen oder alle Fremden müssen verschwinden.
    Aber selbst wenn er eine Imunität erwerben würde, müßte er noch den direckten Verdrängungskampf mit den anspruchsloseren und fruchtbareren Fremden bestehen.
    Ohne ein Wunder, denke ich, ist er mittelfristig verlohren.

    Ich denke, ein Gewässer ohne Krebse ist immer noch unnatürlicher als eines in dem die Fremden vorkommen.
    Wenn die Nische z.B mit dem Kamber besetzt ist, wird es auch weitereren Krebsen wie dem Marmorkrebs schwer fallen Fuß zu fassen.
    Sicher wirden die Fremden die Nische nicht 1/1 besetzen aber sicher sehr ähnlich.
    Zu dem Signalkrebs kann ich nichts schreiben, denn da habe ich keinerlei Kontakt mit in meiner Heimat.
    Der Kamber hat sich aber bei uns in den letzten 30 Jahren fast überall angesiedelt, ohne für mich erkennbare Schäden zu verursachen.
    Einen Edelkrebs gesehen habe ich nirgendwo.

    Klar das auch Heimische Arten(z.B Koppe) einen Teil der Nische seit dem Verschwinden des Edelkrebses nutzen, die werden dann diesen Bereich, an die Fremden wieder verlieren.

    Eine Antwort ist in der tat sehr schwer.
    Auch der Gesetzgeber erlaubt z.T den Besatz mit den Fremdlingen, wenn vorhandende Edelkrebsbestände nicht geschädigt werden.
    Was also tun, Lücke freihalten und die Fremden bekämpfen und auf ein Wunder hoffen ?
    Oder versuchen Krebse immer auch wieder anzusiedeln, egal welcher Art, wenn es mit dem Edelkrebs nicht geht.
    Oder einfach nichts machen, frei nach dem Motto:"weniger ist manchmal mehr"
    Gruß Steini

  5. #5
    GW-Forum Team Avatar von Mattes
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    AW: Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

    Ich denke, ein Gewässer ohne Krebse ist immer noch unnatürlicher als eines in dem die Fremden vorkommen.
    Weil WIR bestimmte Vorstellungen haben, diese aber äußerst begrenzt sind. Woher stammt unser Zwangsdenken?

    Ein Gewässer ohne Krebse und ohne Fische, nur mit Gelbrandkäfer und Libellenlarven hat doch seinen Reiz, bzw. seinen Platz in der Natur.

    Das Einschleppen verschiedener Arten durch den Menschen, könnte man, wenn man bewusst mal versucht eine andere Denke zu entwickeln, auch als natürlich betrachten. Der Mensch ist schließlich auch natürlich. Ein Grippevirus, der von einem Vogel aus Asien auf dem Zug nach Süden eingeschleppt wird, ist natürlich. Zumindest der Verbreitungsweg. Niemand würde es dem Vogel ankreiden.

    Ein Affe, der auf einem Baumstamm über den Ozean an eine ihm fremde Inseln angelandet wird und welcher dort dann zufällig einen zweiten trifft, der auf selbem Weg dort hin gelangt ist, wird dort das Gefüge ordentlich aufwirbeln. Völlig natürlich.

    Für uns Menschen halte ich es hiermit aber für den besseren Weg:

    Oder einfach nichts machen, frei nach dem Motto:"weniger ist manchmal mehr"
    Gruß vom Mattes

    Zuhause ist da, wo das Land platt ist, Kühe und Pappeln rumstehn, der Nebel wabbert und Diebels getrunken wird.


  6. #6
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    AW: Grundsatzfrage: Freihalten ökologischer Nischen oder Ersatz suchen?

    Warum?
    Weil es dem Zustand nahekommt der gewesen wäre, wenn wir die Krebspest nicht eingeschleppt hätten.
    Weil so die Produktivität größer ist.
    Weil es auch darum geht Nahrung zu erzeugen.
    Weil wir wahrscheinlich nur der Zukunft vorgreifen.

    Klar, kann man auf einige Arten verzichten.
    Man hat dann aber immer ein Risiko das etwas aus dem Ruder läuft.
    Je komplexer Lebensgemeinschaften aufgebaut sind je stabieler sind sie.
    Ein See ohne Fische, super für Lurche aber schnell eine Brutstätte für Mücken.
    Ein See ohne Fische = Instabiel weil die Lebensgemeinschaften nicht gepuffert werden.

    @Mattes ich denke Du tust dich ähnlich schwer wie ich, wenn es um Fremdarten und was dann richtig oder falsch ist geht.
    Bei dier ist es mehr Fremdarten können nicht gut sein, bei mir , kann etwas gut sein wenn es eigendlich fremd war.
    Eine richtige Antwort gibt es wohl nicht, erst die Zukunft wird sie geben.
    Die aber hängt von dem Weg ab der gewählt wird.
    Gruß Steini

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