Fischsterben nach dem Überlauf eines Klärwerks

Gestern um halb zwölf bekam ich einen Anruf vom Gewässerwart unseres Nachbarvereins Graben.
Im oberen Kanal (deren Pachtgebiet direkt oberhalb von unserem) schwammen die Fische an der Oberfläche und kämpften um Sauerstoff. Die Feuerwehr war schon alarmiert, und begann mit dem einspritzen von Wasser um den Sauerstoff zu erhöhen.

Leider war ich zu diesem Zeitpunkt weit weg, und brauchte 2 Stunden, bis ich vor Ort war.

In der Zwischenzeit waren viele tote Fische von oberhalb durchgetrieben worden.

Die erste Messung von Sauerstoff ergab einen Wert von 1,5 mg/l, gegen 11.30 Uhr. Gegen 13 Uhr habe ich das erste mal selbst messen können. Da war der Wert dann bei 3,1 mg/l, um 14 Uhr bei 3,46 mg/l. Dies nur durch die massive Hilfe der Feuerwehr, die an 3 Stellen mit Pumpen und Schläuchen stundenlang gearbeitet hat.

Die Feuerwehr schilderte mir, dass viele Fische über das Wehr nach unten „geflohen“ waren, also in unser Pachtgebiet hinein. Da ich am oberen Kanal nichts weiter tun konnte, bin ich in unser Gebiet, und habe dort nach den Werten gesehen.

Der Sauerstoff lag zwischen 6,5 mg/l und 7,4 mg/l, also im grünen Bereich. Der pH lag bei 7,1.

Am Wasserfall erkannte man aber eine deutliche Schaumbildung, die wesentlich über das hinausging, was normal ist.

Tote Fische waren keine zu sehen, und ich konnte davon ausgehen, dass unser Pachtgebiet mit einem blauen Auge davongekommen ist.

Von der Schaumbildung habe ich Bilder gemacht und ein Video gedreht.

Wasserproben und tote Fische wurden vom Umweltamt sichergestellt. Mein Kollege bekommt die Ergebnisse zugeschickt.

Wie viele Fische verendet sind, ist noch nicht klar.

Doch was war passiert, dass es zu dieser dramatischen Situation kam?

In Karlsdorf (oberhalb unserer Pachtgebiete) gibt es eine Kläranlage. Durch einen starken Regen in der Nacht von Freitag auf Samstag, lief dieses über. Dadurch gelangten große Mengen der Abwässer in den Kanal, und lösten das Sterben aus.

Wir können davon ausgehen, dass im Karlsdorfer Bereich alle Fische verendet sind.

Das Schlimme daran ist, dass es nicht zum ersten mal vorkam. Es gab schon mehrmals solche Probleme mit massiven Fischsterben, nach Starkregen. Das letzte Mal vor 5 Jahren.
Das Problem war also hinreichend bekannt. Getan wurde nichts.

Ein Anwesender berichtete mir, dass der Fischerverein Karlsdorf damals massiv unter Druck gesetzt wurde, keine Anzeige zu erstatten. Angeblich wurde gedroht, dass sie den Pachtvertrag verlieren, und ihr Fischerfest nicht mehr ausrichten dürfen, wenn sie etwas unternehmen.
Ob der Verein dieses mal aktiv wird ist daher fraglich.

Die Situation ist aus meiner Sicht nicht tragbar. Wir waren zwar nicht direkt betroffen, aber so kann es nicht gehen.
Für mich stellt sich die Frage, was ich tun kann. Kann ich als Privatperson, ohne die Vereine direkt zu involvieren Anzeige erstatten?

Das Video http://www.youtube.com/watch?v=XWjsB_hAotM

Ist ja ne Sauerei! :Knüppel:

Ob eine Anzeige oder gar Klage als Privatperson Früchte tragen könnte, bezweifle ich,
da die Beprobung und die toten Fische an das Umweltamt gegangen sind, sollte (müsste) dieses jedoch aktiv werden.
Aber Dein Verein kann auch ohne Unterstützung des Anrainervereines aktiv werden, eine direkte Schädigung ist Euch zwar nicht widerfahren, aber die Auswirkungen dieser Kloakedusche auf z.B. das Makrozoobenthos werden ja erst nächstes Jahr sichtbar, gehandelt werden muss aber ganz klar dieses Jahr.

Der Schaum sieht aus wie gebundene Eiweißstoffe, welche durch Luftverwirbelungen (Wehr?) ausgflockt wurden.
Die Einleitungskanäle sollten lokalisiert und dokumentiert werden.
Tun kann man nicht nur etwas, sondern man muss es.
Die Strecke von Euch ist auch immer betroffen.
Willkommen im Klub :shock:

Ich würde nicht nur den Weg suchen, die Klärwerksbetreiber zur Rechenschaft zu ziehen, sondern auch diejenigen im Rat, die einer auferlegten Verbesserung der Situation ggf. belegbar nicht nachgekommen sind. In Dessau hätte man beispielsweise genüge Belege, dass man sich der Sache konstruktiv angenommen hat. Ist dem dort so?

Letztlich würde ich sogar die Repressalien öffentlich machen, die im Raum stehen.

Öffentlichkeitsarbeit darf doch jeder betreiben.

Das Video habe ich oben mit eingestellt. Damit kann man es sich besser vorstellen

Noch mal eine Nachfrage Thorsten.
Ist es ausgeschlossen, das ein Schlachtbetrieb in der Nähe ist? (Geflügel, Warmblüter)
Im Video sieht man eindeutig eine Eiweißabsorbtion durch Luftverwirbelungen. Werden kaum Chemikalien sein.
Fäkalienabwässer müssten da extrem viel Abwasser von Waschmittel eintragen um den Schaum zu erzeugen.
Der Verdünnungseffekt durch Oberflächenwasser ist da wohl gegeben.

Kläranlagen die bei Starkregen überlaufen, ich dachte das sei Vergangenheit.
Sollte das Abwassernetz nicht schon lange von dem des Regenwassers getrennt sein ?
OK, ist wohl noch nicht überall.
Oder wird irgend wo anders etwas eingeleitet, oder eingeschwemmt ?
Anzeige kann aber immer erfolgen.

Schadensersatz ist aber fast nur über einen Vergleich möglich.
Weil, Fische sind immer frei.
Auch bei Besatz verliert man jegliche Rechte an den Fischen nach dem Einsetzen.
Erst der Fang dieser Tiere nach dem Erreichen des M.Maßes ergibt einen Besitz.
Klage auf Schadensersatz.....:Heul:

Steini

Zitat:

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Zitat von Steinbeißer

Kläranlagen die bei Starkregen überlaufen, ich dachte das sei Vergangenheit.
Sollte das Abwassernetz nicht schon lange von dem des Regenwassers getrennt sein ?
OK, ist wohl noch nicht überall.

Steini

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Hi Steini,

es gibt immer noch Mischsysteme, die sollten dann aber bspw. ein Regenüberlaufbecken haben.

Da die Wasseraufbereitung in einer Kläranlage recht interessant ist, wir besuchten seinerzeit auch eine große Berliner Anlage mit unserem Mikrobio-Kurs, hier mal eine recht griffige Zusammenfassung der Techniken und einzelnen Abläufe aus Wikipedia: Kläranlagen.

Thorsten, ihr solltet euch mal ein Strukturschema der Kläranlage besorgen und dann bei der Kommunalverwaltung vorsprechen.